Neues Kreuzberger Zentrum (NKZ)
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Neues Kreuzberg Zentrum (NKZ) - heute Zentrum Kreuzberg | Kreuzberg Merkezi

Kontakt

  • Kurzsteckbrief
  • Baujahr: 1974
  • Eigentümerin: GEWOBAG
  • Wohnfläche: ca. 20.000m² + 11.500m² Gewerbefläche
  • Wohneinheiten: 295
  • Gewerbe:90
  • Bewohner*innen: ca. 1.000-1.200 Menschen (für 1.300 Menschen geplant)
  • Mietverträge: Mietervertrag über eine im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau errichtete Neubauwohnung, WBS-pflichtig
  • Mieten im Durchschnitt: 8,65€/m² warm
  • Organisationsform: NKZ Mieterrat
  • Photos: Matthias Coers

Geschichte

Das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ), gelegen am Kottbusser Tor, wurde 1974 als privat finanzierter Sozialer Wohnungsbau errichtet. Mit einem Steuerabschreibungsmodell („Berlinhilfegesetz“) wurden Anreize geschaffen für besserverdienende Westdeutsche in den Sozialen Wohnungsbau zu investieren; die Einlagen amortisierten sich innerhalb weniger Jahre in Form von Steuerersparnissen.
2016 verdichteten sich Gerüchte, dass die Unternehmensgruppe Padovicz Anteile von den etwa 360 Kommanditisten der NKZ & Co KG aufkauft, um so über eine Mehrheit der Anteile das gesamte NKZ zu übernehmen. Der Investor hatte bereits einen Teil des Hauses gekauft – der ehemals zur GSW gehörte und mit deren Privatisierung weiterverkauft worden war. Aus diesem Grund haben wir im November 2016 eine Wahlkommission für einen neuen Mieterrat gegründet, bestehend aus Bewohner*innen, Gewerbetreibenden und der damaligen Hausverwaltung. Im Dezember 2016 haben wir zur ersten Wahl unseres neuen Mieterrats aufgerufen. Alle Bewohner*innen und Gewerbetreibenden hatten die Möglichkeit sich zur Wahl zu stellen.

Haus & Bewohner*innen

Menschen aus über 30 Nationen leben und arbeiten heute in diesem Komplex. Eine der vielen Besonderheiten ist, dass es neben den 295 Wohnungen ca. 90 Gewerbeeinheiten gibt.

Selbstverwaltung

Aufgrund des enormen Anstiegs der Miet- und Immobilienpreise hat sich ironischerweise selbst das NKZ / Zentrum Kreuzberg zu einem Spekulationsobjekt gewandelt. In den 1990er Jahren wollte die CDU das Gebäude noch als missliebigen – sogenannten sozialen Brennpunkt – abreißen lassen. Der Widerstand gegen den Bau des Neuen Kreuzberger Zentrums – und gegen die geplante Stadterneuerung inklusive Stadtautobahn – war ein Initialzünder für die Berliner Mieter*innen- und Hausbesetzungsbewegung der 1970er und 80er Jahre. Heute ist das NKZ trotz aller Widersprüche und Schwierigkeiten ein Ort des nachbarschaftlichen Miteinanders und ein Anti-Gentrifizierungsblock gegen Aufwertung und Verdrängung.

Mieterrat NKZ

Der Mieterrat NKZ hat sich in Anlehnung an die Entwicklungen in den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften – angepasst ans NKZ – eine Satzung (siehe unsere Webseite) gegeben, die Mitbestimmungs- und Entscheidungsrechte für die Mieter*innen vorsieht und nicht wie bei einem Mieterbeirat eine rein konsultatorische Funktion hat. Wir wollten damit auch im privat-finanzierten Sozialen Woh-nungsbau gesetzlich-geförderte Mitbestimmungsstrukturen schaffen. Der Mieterrat NKZ ist deshalb autonom und nicht identisch mit dem Mieterrat der Gewobag.
Als gewählte Vertretung der Wohn- und Gewerbemieter*innen im Objekt hat sich der Mieterrat NKZ gegen einen Verkauf des NKZ an einen privaten Investor oder eine Kapitalgesellschaft ausgesprochen und gewehrt – statt dessen hat er sich für die Kommunalisierung,also den Verkauf an eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, eingesetzt, um das NKZ in eine Eigentumsform zu überführen, die gemeinnützig ist und die soziale Bindung des Wohnraums auf Dauer gewährleistet.
Zusammen mit Nachbar*innen, befreundeten Initiativen und vielen weiteren Akteur*innen ist es uns gelungen den politischen Druck zu erhöhen – schließlich wurde das NKZ im April 2017 in einem Bieterverfahren – allerdings zum Vorteil der Eigentümer und zum Nachteil des Berliner Haushalts – für stolze 56,5 Millionen Euro an die Gewobag verkauft. Seitdem vertritt der Mieterrat NKZ die Interessen der Mieter*innen gegenüber der Gewobag. Es ging uns zunächst darum, die für die Mieter*innen positiven Seiten des Status Quo zu erhalten – keine Kündigungen, keine Mieterhöhungen – was insbesondere für das Gewerbe extrem wichtig ist. Wir setzen uns außerdem intensiv für das Büro der Hausverwaltung vor Ort und die Mitarbeiterinnen dort ein, denn wir sind der Meinung, dass ein vielfältiges Haus wie das NKZ nicht aus der Ferne und von oben anonym verwaltet werden kann. Wir beobachten vielmehr, dass ein solches Vorgehen das in den letzten Jahren hier erreichte Gleichgewicht bereits jetzt zu gefährden droht.

Auf dieser Grundlage führen wir als Mieterrat seit dem Verkauf Verhandlungen mit der Gewobag und dem Senat über einen ersten Kooperationsvertrag und darüber hinaus über weiterreichende Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Mieter*innen im Sinne des im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbarten „Modellprojekts Kottbusser Tor“. Damit erkennen die Beteiligten die Vorbildwirkung des Kottbusser Tors für Partizipation, gesellschaftliche Teilhabe sowie gelebte Migrations- und Integrationspolitik an. Der Prozess wird begleitet durch eine vom Senat finanzierte Studie. Im Rahmen dieser Studie werden zurzeit die Bedingungen und Möglichkeiten für eine weiterreichende Selbstverwaltung der Mieterschaft untersucht. Zusammen mit der noch ausstehenden Rekommunalisierung der Häuser am südlichen Kottbusser Tor – Kotti & Co – bildet dies die Grundlage für das „Modellprojekt Kottbusser Tor“.
Als Mieterrat NKZ geht es uns in erster Linie darum, bezahlbare Mietwohnungen insbesondere für einkommensschwache Personen zu erhalten, außerdem wollen wir an die positiven Entwicklungen, die aktive Mieter*innen und Gewerbetreibende gemeinsam mit den engagierten Mitarbeiterinnen der vorigen Hausverwaltung (Kremer) hier in den letzten Jahren angestoßen haben, anknüpfen. Darüber hinaus fordern wir Mitsprache und eine Form der Selbstverwaltung, in der wir Mieter*innen entscheiden, wie wir hier wohnen, leben und arbeiten wollen.
Die Kommunalisierung sehen wir als Chance für diesen Prozess. Jedoch ringen wir momentan mit den bürokratischen Strukturen und Vorgaben der Gewobag, die sich, den zeitgenössischen Kapitalverhältnissen entsprechend, als ein auf Service und Dienstleistung ausgerichtetes Aktienunternehmen versteht. Und leider nicht in erster Linie als eine dem Gemeinwohl verpflichtete Organisation, deren Strukturen – entsprechend den Bedürfnissen der Mieter*innen in der Stadt – gemeinsam weiterentwickelt werden können.